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Der AK Ökonomie und Arbeit auf der Konferenz ‚Cross-Movement Mobilizations‘

Transnational Cross-Movement Alliances, Coalition Power and New Global Politics of Labour

Wirtschaftliche Globalisierungsprozesse stellen Gewerkschaften und soziale Bewegungen weltweit vor neue Herausforderungen bei Versuchen der Durchsetzung von Arbeitsstandards. Neben klassischen Instrumenten der ArbeitnehmerInnenvertretung wie Kollektivverhandlungen etablieren sich neue Strategien, die unter anderem auf einer Öffentlichkeits- und KonsumentInnenmacht basieren. Das Panel „Transnational Cross-Movement Alliances, Coalition Power and New Global Politics of Labour” des AK Ökonomie und Arbeit des ipb auf der internationalen Konferenz zu „Cross Movement Mobilization“ vom 5. bis 8. April 2017 in Bochum widmete sich den Möglichkeiten und Hindernissen von Allianzen zwischen sogenannten „alten” und „neuen” sozialen Bewegung. Die Teilnehmenden diskutierten die Annahme, inwiefern Zusammenarbeit von Gewerkschaften und soziale Bewegungen in der transnationalen Arena dazu beitragen kann Arbeitnehmerrechte zu stärken und Arbeiter zu organisieren. Es stellte sich Fragen nach einer gemeinsamen Basis von Gewerkschaften und sozialen Bewegungen und den Mechanismen der Koalitionsbildung sowie nach den Ergebnissen von (trans-) nationalen Allianzen: Wie wird eine gemeinsame Koalitionsmacht etabliert? Unter welchen Bedingungen führen diese Koalitionen zu Synergien und neuen Wegen der transnationalen Institutionenbildung?

Das TeilnehmerInnen diskutierten zunächst in einer ersten Session Koalitionen von sozialen Bewegungs (-organisationen) und Gewerkschaften. Dabei wurden Möglichkeiten und Hindernisse der Koalitionsbildung sowie Interaktionsmuster in der Zusammenarbeit herausgearbeitet. Es wurde der Versuch unternommen Theorien der sozialen Bewegungs- und industriellen Beziehungsforschung zu integrieren, um die Rolle von politischen und ökonomischen Gelegenheiten, Ressourcenknappheit aber auch Identitäten und ideologische Positionen für Allianzbildungen näher zu bestimmen (Giulia Gortanutti, Johanna Lauber, Ana-Maria Nikolas und Sabrina Zajak). Empirische Beispiele beschrieben die mögliche Rolle von Gewerkschaften in Kooperativen (Stefan R. Siebel), den besonderen Beitrag von Gewerkschaften in US-amerikanischen Kampagnen für bezahlte Krankheitstage (Cassandra Engeman) sowie die Interaktionsmechanismen von komplementären Gewerkschafts- und NGO-Strategien für Arbeitsstandards in der globalen Bananenproduktion (Melanie Kryst). Insgesamt verwiesen die Beiträge auf die gesonderten Funktionen von sozialen Bewegungen und insbesondere Gewerkschaften in der (trans-) nationalen Regulierung von Arbeitsbedingungen, wobei soziale Bewegungen, AktivistInnengruppen und NGOs nicht mehr länger als „neue“ Akteure in dem Feld der Erwerbsregulierung anzusehen sind. Vielmehr haben sie sich bereits als Unterstützer etabliert, aber gelegentlich auch als Alternative zur klassischen Gewerkschaftsarbeit – was häufig auch zu konfliktreichen Formen der Zusammenarbeit führt.

In einer zweiten Session wurden transnationale Netzwerke von Gewerkschaften vor dem Hintergrund globaler Wertschöpfungsketten debattiert. Obwohl transnationale Kooperation und Solidarität von vielen in der Wissenschaft und Praxis als wichtiger Faktor zur Einhegung eines globalen Kapitalismus betont wird, zeigen die verschiedenen empirischen Studien jedoch auch die Schwierigkeiten und Hindernisse von transnationaler Zusammenarbeit. Dabei wurde sowohl auf Organisationsbemühungen im globalen Norden als auch im globalen Süden eingegangen. Beispiele beschäftigten sich mit (gescheiterten) Organisationsbemühungen innerhalb der Volkswagengruppe in Nord-Amerika (Zach McKenny), mit Koalitionen von MigrationsarbeiterInnen in Süd-Ost-Asien in Form des Social Movement Unionism (Stefan Rother), sowie mit transnationalem Gewerkschaftshandeln in Japan und den USA (Jan Niggemeier). Gerade der Beitrag zu MigrationsarbeiterInnen in Süd-Ost Asien verweist darauf, dass die Forschung zu Social Movement Unionism und Allianzen zwischen sozialen Bewegungen und Gewerkschaften immer noch klassische Arbeitsverhältnisse vornehmlich im globalen Norden als Ausgangspunkt nimmt, wie sie jedoch immer seltener vorzufinden sind. Diese empirischen Fälle zeigen die breite Varianz von so genannten Revitalisierungsstrategien, die derzeit in der Forschung diskutiert werden und verweisen auf die Relevanz und notwendige Einbindung von lokaler Akteuren

Das Panel zeigte somit, dass eine gemeinsame Koalitionsmacht – also die Erweiterung der Möglichkeiten der Einflussnahme durch Kooperation von Gewerkschaften und sozialen Bewegungen, möglich und gleichzeitig sehr voraussetzungsvoll ist: sowohl die industrielle Beziehungs- als auch die Bewegungsforschung zeigt, wie politische Kontexte, Ressourcenunterschiede und kulturelle Faktoren Koalitionen begünstigen, aber vor allem auch verhindern können. Einige Arbeiten stellten auch das Scheitern solcher Allianzen heraus und zeigen damit, dass Gruppen und Organisationen, insbesondere auch Gewerkschaften von der Zusammenarbeit nicht nur profitieren können.

 

Autorin des Berichts: Melanie Kryst
Organisation des Panels: Sabrina Zajak und Marissa Brookes.

 

Passend zum Panel erschien von AK-Sprecherin und ipb-Vorstandsmitglied Sabrina Zajak der Band Transnational Activism, Global Labor Governance, and China kürzlich bei Palgrave.

Das ISA RC47 Research Committee on Social Classes and Social Movements hat Videos der beiden Plenarsessions der Bochumer Konferenz zu “Theorizing Cross Movement Alliances” auf YouTube eingestellt.

 

Foto: Strikers during the 1933 Dressmakers’ Union strike take a break in a diner, The Kheel Center for Labor-Management Documentation and Archives

https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/legalcode

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