„An important feature of the G20 policing was their proactive use of social media, not just as a field of observation, but as a field of action. The police were not dependent on the press anymore to get their view published. They directly posted on Facebook and Twitter and thus reached a large audience. In fact, they spread news that later turned out to be false or were based on no evidence: I am referring, for instance, to the news about protesters using Molotov cocktails or being on roofs armed with huge stones, which never could be secured as evidence.“
globalproject.info, 12.07.2018: Mapping #NoG20. Interview with Peter Ullrich and Donatella Della Porta one year after the counter-summit in Hamburg.
Peter Ullrich und Donatella della Porta auf globalproject.info
Manche Lerneffekte waren lagerübergreifend. Auf jeder Seite findet man Leute, die kritisch reflektieren und diejenigen, die den Gipfel als Erfolg begreifen. Die linksradikale Szene ist hochgradig uneins über Hamburg. Manche bejubeln insbesondere den Riot als Moment der Hoffnung, dass ein Umsturz möglich ist. Andere sehen G20 als Niederlage, die linke Versuche zunichte gemacht haben, sich gesellschaftlich zu verbreitern. Jetzt führt die Linke vor allem Aufarbeitungs- und Abwehrkämpfe.
taz, 07.07.2018: „Social Media trägt zur Eskalation bei“
Peter Ullrich in der taz
»60 bis 80 Prozent der Bürger wünschen sich zunächst eine stärkere Beteiligung«, sagte Professor Roland Roth von der Hochschule Magdeburg-Stendal. Das Modell der Bürgerkommune und des Bürgerhaushalts findet ihm zufolge in Brandenburg relativ häufig Anwendung. Roth warb für die Ressource bürgerschaftliches Engagement, denn »eine andere gibt es im ländlichen Raum gar nicht«. […] Zu bedenken wäre dabei, dass Mittel bereitstehen müssen, den auf diese Weise erzeugten Bürgerwillen auch umzusetzen. Dabei wäre zu berücksichtigen, dass Kommunalpolitiker, deren Spielraum ohnehin nicht sehr groß sei, sich durch Bürgerbeteiligung noch mehr eingeschränkt fühlen könnten.
Neues Deutschland, 11.06.2018: Grenzen der direkten Demokratie
Roland Roth im Neuen Deutschland
Antiabschiebeproteste waren in Österreich in der Vergangenheit durchaus erfolgreich in dem Sinne, dass sie Abschiebungen verhindern konnten. Dieser Erfolg hängt mit dem Fokus auf Einzelfälle zusammen. Die Mobilisierung für Einzelfälle erfolgt sowohl mit emotionalen Mitteln – Empathie, Wut, Ärger – als auch mit inhaltlichen Argumenten wie etwa, dass die Abzuschiebenden bereits eine erfolgreiche Integration absolviert hätten (gute Schulerfolge, Mitarbeit in Vereinen, sportliche Leistungen et cetera). Dieser Schwerpunkt auf die Verhinderung der Implementierung nimmt den Protesten den Charakter der Radikalität.
Der Standard / Blog, 04.06.2018: Der Einzelfall mobilisiert: Proteste gegen Abschiebungen
Verena Stern im Blog von Der Standard
Protestforscher Simon Teune von der TU Berlin hält diese Art von Training nicht für gefährlich. Es macht ja viel Sinn, die Leute auf diese Situationen vorzubereiten, sagt er. Sie dienten dazu, den Aktionskonsens bei Blockaden einzuüben: Man sei entschlossen, zu blockieren, aber wolle Eskalationen vermeiden. Große Teile der Öffentlichkeit differenzieren aber leider nicht zwischen verschiedenen Protestformen, sagte der Experte. Blockaden setzen sich gerade von der rituellen Konfrontation mit der Polizei ab.
dpa, 26.05.2018: Linkes Blockade-Trainingslager vor AfD-Demo
Simon Teune bei der dpa
Mitte der fünfziger Jahre gilt die Autorität der Göttinger Achtzehn als unantastbar. Mit ihrem Protest erlebt die noch stark restaurativ und autoritätshörig geprägte junge Bundesrepublik den bis dato einmaligen Versuch einer Einmischung der Wissenschaft in die Politik. Dieter Rucht:
„Da gibt es auch eine Aussage dazu in diesem Appell – wir sind ja eigentlich keine Politiker, wir wollen uns ja auch nicht so einmischen, aber wir haben eben Sorgen, die sich auf die Auswirkungen von Atomkraft beziehen. Und darauf sozusagen wurde der moralische Standpunkt geltend gemacht, verbunden mit dem Argument: nur ein Rat von außen, von der quasi neutralen Position aus formuliert.“
Deutschlandfunk, Hintergrund,19.05.2018: Appelle des 20. Jahrhunderts (1): Die Göttinger Erklärung 1957
Deutschlandfunk, Hintergrund,20.05.2018: Appelle des 20. Jahrhunderts (2):Protest gegen das Abtreibungsverbot 1971
Deutschlandfunk, Hintergrund,21.05.2018: Appelle des 20. Jahrhunderts (3):Die Grenzen des Wachstums 1972
Dieter Rucht im Deutschlandfunk
Parteien haben über Jahrzehnte eine gewisse Arroganz zur Schau gestellt. Man hat das Grundgesetz so interpretiert, dass sie ein Monopol auf die Meinungsbildung und Entscheidungsfindung haben. Das ist nicht der Fall. […] Engagement in der Zivilgesellschaft ist auch politischen Engagement.
RBB Abendschau, 14.05.2018: Parteien verlieren Mitglieder
Ansgar Klein in der RBB Abendschau
Auch Deutschland ist vom Bewegungsfieber nicht verschont. So fordert AfD-Rechtsaußen Björn Höcke, dass die AfD „Bewegungspartei“ bleiben müsse, also nicht nur in den Parlamenten, sondern auch auf der Straße präsent sein solle. Ob Österreich da vergleichbar ist? Der deutsche Politologe Teune hält das Konzept der neuen Bewegungen, wie sie etwa Kurz propagiert, für leicht durchschaubar: „Das ist nichts anderes als alter Wein in neuen Schläuchen.“ Bewegung, so Teune, suggeriere, dass hier von unten etwas entstehe, dass sich – wie bei der Friedens-, Umwelt- oder Frauenbewegung – viele Gleichgesinnte zusammentun. Das, was andernorts als Bewegung verkauft werde, sei aber „ein bloß geringfügig verändertes Parteien projekt“ und eher undemokratisch.
Der Standard, 12.05.2018: Wozu noch Parteien?
Simon Teune im Standard
Als Bezugspunkt über die Spektren hinweg dient ’68 zeitgenössischen Antikapitalisten bis heute, berichtet Protestforscherin Priska Daphi von Interviews mit „Blockupy“-Aktivisten. Die Chiffre stehe hier für die Geburtsstunde einer neuen linken Tradition, jenes neuen Politikverständnis jenseits der Institutionen. Der Allgemeinplatz, heute werde ja gar nicht mehr protestiert, stimme nicht. […] „Die Frauenbewegung war die erfolgreichste soziale Bewegung, die es überhaupt gegeben hat“, stellt auch Sozialwissenschaftlerin Gisela Notz im Gespräch mit Wilke und Historikerin Christina von Hodenberg fest. Wir müssen heute „aufpassen, dass das Rad der Zeit nicht zurückgedreht wird“.
Frankfurter Rundschau, 30.04.2018: Von Träumen und Trümmern What’s left: Die Römerberggespräche fragen nach dem Erbe von ’68 – und ob man es bergen sollte.
Priska Daphi und Gisela Notz in der Frankfurter Rundschau
Hat also der einlullende Kapitalismus mit seinem Wahn der immer neuen Marken vollständig gesiegt, ist die Protestkultur, wie sie 1968 aufblühte, nun vertrocknet? Ganz und gar nicht, berichtete Priska Daphi vom Institut für Protest- und Bewegungsforschung. Sie legte dar, dass die Zahl der Protestereignisse in der Bundesrepublik seit den fünfziger Jahre stetig gestiegen ist.
FAZ, 30.04.2018: Popmusik gegen die Strapazen der Dauerreflexion. Römerberggespräche im Schauspielhaus zum Thema „1968-2018. What is left?“
Priska Daphi in der FAZ