Der Soziologe Rucht glaubt, dass Sahra Wagenknecht langfristig versuchen werde, ihre Sammlungsbewegung in eine eigene Partei umzuwandeln. Er erkenne das daran, dass es keine Versuche gebe, sich den bereits existenten Bewegungen anzunähern, sagte er. Seiner Ansicht nach wird das nicht funktionieren: „Einerseits weil innerhalb der Parteien die Konkurrenz da ist, andererseits, weil es genuin Bewegte gibt, die der Form der Parteien und den Mechanismen, die damit verbunden sind, sehr skeptisch gegenüberstehen.“
Proteste sind ein stetiges Element in der Demokratie […], aber ein Gr0ßteil der Proteste ist unsichtbar, weil er in der Medienberichterstattung nicht auftaucht. Was sich ändert ist die Frage, wofür gehen die Menschen auf die Straße? In den sechziger Jahren waren das vor allem soziale Themen auch beherrscht von den Gewerkschaften und der SPD – das ist heute viel weniger der Fall. Seit 68, seit sich der Protest verbürgerlicht hat, hat sich auch das Themenspektrum verschoben, da geht es sehr viel stärker um Menschenrechte, um Umwelt, um Gleichstellung, um Krieg und Frieden […] und nicht mehr die Brot- und Butter-Themen.
Deutschlandfunk, 21.9.2018: Mikrokosmos – Kampf um die Kohle
Simon Teune im Deutschlandfunk
Der Hambacher Forst ist ein Ort, an dem man auf die abstrakte Bedrohung des Klimawandels eine sehr konkrete Antwort geben kann, betont der Protestforscher. Entweder die Braunkohle gewinnt, oder der Wald. Darin liege das breite, überregionale Mobilisierungspotenzial für die Aktivisten im und am Hambacher Forst.
tagesschau.de, 18.9.2018: Ein Wald als politisches Symbol
Simon Teune auf tagesschau.de
Solche Großereignisse wie das gestrige sind hilfreich, weil sie eine Strahlkraft entfalten können. Ich denke zum Beispiel an den Marsch auf Washington und die Rede von Martin Luther King. So etwas bleibt im Gedächtnis hängen, solche Ereignisse können eine Suggestivkraft entfalten, die motiviert. Aber natürlich war dieses Konzert kein Gespräch mit der Gegenseite, sondern eine Abgrenzung und Selbstbestätigung. Das sind symbolische Akte, bei denen man sozusagen die eigene Flagge hochhält. Das führt aber nicht zu eigenen Lernprozessen und verändert auch nichts in den Köpfen der Gegenseite.
Zeit Online, 4.9.2018: Konzert in Chemnitz: „Davon wird wenig bleiben“
Dieter Rucht auf Zeit Online
We have a strong neo-Nazi scene in eastern Germany, but we also have a strong current of far-right extremism in all of Germany — not just in Parliament but in society, said Matthias Quent, who runs an institute that studies democracy and civil society in the eastern state of Thuringia. That is why the far right is so self-confident, he said: They think their day has come.
New York Times, 30.8.2018: Chemnitz Protests Show New Strength of Germany’s Far Right
Matthias Quent in der New York Times
Bei einem Stadtfest in Ostdeutschland sind immer auch Rechtsradikale anwesend, sie sind Teil einer demokratiefernen Normalität. Das heißt ein Teil des späteren Mobs war sowieso dort auf der Straße. Der tödliche Messerangriff in der unmittelbaren Nähe wurde als Anlass genommen, um willkürlich Menschen aus Einwandererfamilien zu jagen und anzugreifen. Das hat weder mit Trauer noch mit Selbstjustiz im Sinne von Gerechtigkeit zu tun – gewaltbereite Rechtsradikale suchen und finden Triggerereignisse, mit denen sie durch Emotionalisierung Menschen aufstacheln, Gewalt rechtfertigen und den Hass auf die Straßen bringen.
Spiegel Online, 29.8.2018: „Es gibt eine permanente Stimmungsmache von rechts“
Matthias Quent auf Spiegel Online
Es hätte keiner großen Recherche bedurft, um kurzfristig Hinweise auf die Größe und den Charakter der Demonstration [in Chemnitz] zu erhalten.
Zeit.de, 28.8.2018: „Ausschreitungen in Chemnitz: Hat die Polizei versagt?“
Simon Teune auf Zeit Online
„Der liberale Freiheitsbegriff tut so, als könnten alle frei sein. Aber das stimmt nicht. Im Moment sind die frei, die Geld haben. Wir müssen uns demokratisch Regeln setzen, die unsere Freiheiten bewusst beschränken.“
die tageszeitung, 24.08.2018: „Wir müssen Freiheiten bewusst einschränken“
Uli Brand in der taz
Occupy selbst als Bewegung ist tot. Aber der Gedanke von Occupy, darüber zu reden, dass es eine gesellschaftliche Spaltung gibt – in ökonomischer, sozialer und politischer Hinsicht – dieser Gedanke wird weitergetragen.
Deutschlandfunk Kultur, 15.8.2018: Der Geist der Occuppy-Bewegung lebt
Oliver Nachtwey im Deutschlandfunk Kultur
Deutschlandfunk, 09.08.2018: „Wer im Aufwind ist, gründet keine Sammlungsbewegung“
Dieter Rucht im Deutschlandfunk
Wie WELT berichtete, schätzen Politikwissenschaftler und Wahlexperten, das Wählerpotenzial einer linken Sammlungsbewegung könnte bei 25 bis 27 Prozent liegen. Der Soziologe Dieter Rucht, seit Jahrzehnten mit Bewegungen und politischem Protest befasst, ist skeptischer. Wagenknecht vertrete eine ideologische Linie, die anderen in der Linkspartei widerspreche. Der Verdacht liege nahe, so Rucht, dass es gar nicht darum gehe, ein offenes und linkspluralistisches Projekt auf die Beine zu stellen, „sondern externe Unterstützer für eine Linie zu gewinnen, die innerhalb der Linkspartei zu wenig Anklang findet“.
Die Welt, 03.08.2018: Was bewegt sich da eigentlich bei Sahra Wagenknecht?
Dieter Rucht in der Welt