Das ipb in den Medien

Einen zentralen Makel von “Aufstehen” sieht der Soziologe in der Gründung von oben: Ginge es wirklich um den Aufbau einer Bewegung, so stünde bereits an deren Vorbereitung und Anfangsstadium der Versuch, vorhandene Gruppen und Organisationen in einen offenen, basisdemokratischen und längeren Diskussionsprozess einzubinden, schreibt er. Stattdessen fehlten der Initiative offenbar Verbindungen zu bereits vorhandenen Bewegungen und Netzwerken. “Aufstehen” sei eher von professioneller PR statt Dialog geprägt. Den Initiatoren, so Rucht, scheint die Eigenlogik sozialer Bewegungen fremd zu sein. Die entstünden nicht per Deklamation.

Süddeutsche Zeitung, 28.11.2018: Woran es bei “Aufstehen” hakt

Dieter Rucht in der Süddeutschen Zeitung

“Die Methodenvielfalt ist relativ ungewöhnlich für ein so schmal finanziertes Projekt. […] Es ist ein wichtiger Baustein, der zeigt, dass man auch mit wenigen Mitteln relativ viel erreichen kann.” Was für den Hamburger Fall gezeigt werden konnte, hält Rucht für verallgemeinerbar. Vor einer Eskalation bei Straßenprotesten gibt es Handlungsspielräume. Die werden allerdings davon eingeschränkt, wie sich Protestierende und Polizei in verschiedenen Situationen jeweils wahrnehmen und welche Erfahrungen sie mit solchen Situationen haben.

Deutschlandfunk – Aus Kultur- und Sozialwissenschaften, 25.10.2018: Studie zur Gewalteskalation beim G20-Gipfel in Hamburg

 

Peter Ullrich und Dieter Rucht im Deutschlandfunk

Der Hambacher Wald ist ein Symbol im Kampf gegen den Kohleabbau, aber auch gegen den Klimawandel geworden, sagt die Politikwissenschaftlerin Romina Ranke, die Mitglied des Instituts für Protest- und Bewegungsforschung ist. Darin haben sich Wissenschaftler zusammengeschlossen, die sich mit Protesten und sozialen Bewegungen beschäftigen. Das Ziel, die Erderwärmung bestenfalls auf unter 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, ist für die meisten Menschen viel zu abstrakt, erklärt Ranke. Das Thema Klimawandel habe daher lange Zeit kaum Menschen auf die Straße geholt. Der konkrete Kampf gegen den Kohleabbau hat die Mobilisierung vereinfacht.

WDR, 26.10.2018: Warum Braunkohlegegner aus ganz Europa im Hambacher Forst sind

Romina Ranke im WDR

Demonstrationen wie „Unteilbar“, an der vor zwei Wochen in Berlin 250.000 Menschen teilgenommen haben, „United against Racism“ in Hamburg, „Seebrücke“ in Frankfurt oder die „Pulse of Europe“-Kundgebungen zeugten davon, dass es wachsenden Zusammenhalt im Einsatz für demokratische Institutionen und gegen antieuropäische Impulse gebe. „Da kann man schon von ganz neuen sozialen Bewegungen sprechen“, sagt Zajak.

Hannoversche Allgemeine Zeitung, 28.10.2018:  Protestikone Daniel Cohn-Bendit beeindruckt das Publikum in Hannover

Sabrina Zajak in der Hannoverschen Allgemeinen

Ja, so groß hatte man das nicht erwartet“, sagt am Abend Sabrina Zajak. […] „Da kommen die streikende Ryanair-Stewardessen und der von Abschiebung bedrohte Kosovare zusammen“, sagt sie, „beim Gefühl, nicht teilhaben zu können.“ Die Menschen würden spüren, dass gesellschaftlicher Zusammenhalt zu zerbrechen drohe. „Das bedroht grundlegende Normen und Werte und da sagen eben viele: Hey, so nicht.“

taz, 14.10.2018: Abstimmung mit den Füßen

 

Sabrina Zajak in der taz

Rucht ist selbst Attac-Mitglied und saß jahrelang im wissenschaftlichen Beirat. Vor wenigen Monaten ist er aus dem Gremium ausgetreten. Warum? Der emeritierte Professor räuspert sich. Das sei eine längere Geschichte. Zusammengefasst: Unter den mehr als hundert Wissenschaftlern geben einige wenige den Ton an, deren politische Haltung Rucht nicht teilt. Hinzu komme, dass die Wortmeldungen des Gremiums nicht wissenschaftlich unterfüttert seien. Die Organisation Attac “ist nicht tot und geht auch nicht unter, aber sie dümpelt vor sich hin“, sagt Rucht. “Es gibt keinen Mitgliederzuwachs, die Finanzen stagnieren, und die Präsenz aus der Frühphase ist geschwunden. Auch in anderen Ländern ist Attac im Rückgang.”

Süddeutsche Zeitung, 07.10.2018: “Leute, kriegt den Hintern hoch”

Dieter Rucht in der SZ

„Ein Wald mit Symbolgehalt“, singt Bodo Wartke in seinem Protestsong. Tatsächlich gehe es auch um mehr als um diesen Wald, es gehe um das große Ganze, um den Klimawandel, sagte der Soziologe Simon Teune vom Institut für Protest- und Bewegungsforschung im Dlf. In diesem Konflikt könne man sich relativ leicht auf eine Seite stellen, die Konstellation: Leute auf den Bäumen werden von der Polizei weggeräumt habe etwas von „David gegen Goliath“, so etwas funktioniere bei Protesten immer sehr gut.

Deutschlandfunk, 02.10.2018: Protestkultur – Musik und Kunst als Durchlauferhitzer

Simon Teune im Deutschlandfunk

Es geht darum, die landeseigenen Wohnungsunternehmen zu demokratisieren“, sagt Lisa Vollmer von der Initiative „kommunal & selbstverwaltet wohnen“. Das Bündnis veröffentliche am Montag eine Broschüre zu der Frage, wie Mieter Mitbestimmung organisieren können. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass öffentliches Eigentum nicht vor Mieterhöhungen und Verdrängung schützt, so Vollmer. „Um dem vorzubeugen, wollen wir mitreden.“ 

Berliner Zeitung, 02.10.2018: Selbstverwaltung: Wenn Mieter bei Investitionen und Vermietungen mitreden

Lisa Vollmer in der Berliner Zeitung

Es gab schon immer einen latenten Anteil an Rechtsextremismus in der Bevölkerung, erklärt Protestforscher Dieter Rucht, dieser liege etwa bei zehn bis 20 Prozent. „Dieses Potenzial ist nicht groß an die Öffentlichkeit getreten. Es war da, blieb aber weitgehend unsichtbar.“ Das hat sich „dramatisch verändert“, etwa mit dem Aufstieg und der Radikalisierung der AfD „von einer wirtschaftsliberalen zu einer rechten Partei bis rechtsradikalen Partei“, erklärt Rucht. Dadurch sind auch rechtsextreme Gruppen an die Oberfläche gekommen, die im Schatten der AfD standen: „Sie treten selbstbewusster auf.“

Der Kurier, 27.09.2018: Deutschland: Neonazis marschieren wieder auf der Straße

Dieter Rucht im Kurier

»Es gab kein lineares Ansteigen der Gewalt, sondern eine Eskalationsdynamik«, erklärte Projektleiter Malthaner das Hochschaukeln der Gemengelage, in der sich auch immer wieder Beispiele gewaltlosen Protests und deeskalativen Polizeikräften fanden. Nils Schuhmacher von der Universität Hamburg formulierte derweil ein prägnantes Resümee zum Hamburger G20-Sommer: »Falscher Ort und falscher Stil.«

Neues Deutschland

Nils Schuhmacher u.a. im Neuen Deutschland