Zwar gebe es „viel Wut und viele Sorgen“, aber es existiere kein klares Feindbild aufseiten der Protestierenden, sagt der in Basel lehrende Soziologe Oliver Nachtwey. Die Regierung habe „sichtbar Bemühen gezeigt, mit dieser Situation umzugehen und die stärksten Notlagen einigermaßen abzufedern“. Das unterscheide die Ausgangslage für Sozialproteste etwa von der Zeit der Agenda 2010 in den Nullerjahren, als die Regierung als „unsozial, unnachgiebig und hart“ wahrgenommen worden sei, sagt Nachtwey.
die tageszeitung, 21.1.2023: Keine Welle von Sozialprotesten: Lauwarm, leicht bewölkt
Oliver Nachtwey (Uni Basel)
Nach Einschätzung des Protestforschers Jannis Grimm von der Freien Universität Berlin trifft der Vergleich etwa mit der US-Bürgerrechtsbewegung zu, was die Wahl der Mittel angeht. „Der Rechtsbruch ist symbolisch einkalkuliert”, sagt der Experte. „Es geht nicht primär darum, dass man genau die Leute trifft, die verantwortlich sind.” Vielmehr würden Szenen geschaffen, die die Klimadebatten befeuerten.
Nordkurier, 20.1.2023: Das Nerven der Letzten Generation hat Methode
Jannis Grimm (FU Berlin)
Der Protestforscher Jannis Grimm von der Freien Universität Berlin plädiert für ein differenziertes Bild. Auf die Klimapolitik hätten die Aktivisten keinen sichtbaren Einfluss gehabt, sagt Grimm. Doch hielten sie trotz Kriegs in der Ukraine, Energiekrise und Inflation die Klimakrise in den Medien. „Das ist natürlich ein wahnsinniger Erfolg.“
Tagesspiegel, 19.1.2023: Ein Jahr Straßenblockaden in Berlin : Wohin steuert die Letzte Generation?
Jannis Grimm (FU Berlin)
Oder, wie es der Protestforscher Daniel Mullis von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) sagt: Die Klimabewegung, die vor Lützerath eher koexistiert hat, ist weiter zusammengewachsen.
Zeit Online, 19.1.2023: Die neue Mitte
Daniel Mullis (HSFK)
Den Erfolg einer Bewegung zu bemessen, ist extrem schwierig. Die Antiakwtombewegung ist ein gutes Beispiel. Heute können wir sagen: die waren erfolgreich, Atomkraft wird wirklich abgeschafft. Unf für uns Protestforscher ist jetzt ganz schwer, zu sagen, was war denn jetzt der ausschlaggebende Punkt? … Wichtig ist, dass Bewegungen die Politik nicht umsetzen, sondern sie bereiten den Boden dafür das Meinungen sich verändern und politische Entscheidungen daraufhin getroffen werden.
hr engel fragt, 19.1.2023: Gesetze brechen fürs Klima?
Felix Anderl (Uni Marburg)
Die Bewegung [Die letzte Generation] mag radikal erscheinen, sagt Dieter Rucht. Aber „sie entspricht der Philosophie des zivilen Ungehorsams, da sie sich weigert, Personen anzugreifen, Sachschäden vermeiden will und eindeutig eine gewaltfreie Linie verfolgt, auch wenn ihre Aktionen Unordnung und Frustration verursachen“, fährt er fort.
Voxeurop, 17.1.2023: Die Aktivist*innen des Bündnisses „Letzte Generation“: Ein rettender Elektroschock?
Dieter Rucht (WZB)
„Es gibt weder einen Grund für eine Identitätsfeststellung noch für sonst irgendwas.“ Arzt ist Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin. „Also wenn die Versammlung nicht verboten war, und das war sie vermutlich nicht, dann ist das grob rechtswidrig. Das ist polizeiliche Machtausübung und nicht rechtmäßiges Polizeihandeln.“
Deutschlandfunk Kultur, 16.1.2023: Ein Leben fürs Klima
Clemens Arzt (Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin)
Nach Ansicht des Protestforschers Sebastian Haunss ist noch nicht abschließend zu klären, welchen Erfolg die Demonstrationen hatten oder noch haben könnten. Doch die Proteste rund um Lützerath seien als mobilisierendes Signal an die Klimaschutzbewegung zu sehen, sagte Haunss im Deutschlandfunk
Deutschlandfunk, 15.1.2023: Soziale Bewegungen sind auf breite Unterstützung der Bevölkerung angewiesen
Sebastian Haunss (Universität Bremen)
Das Grundproblem sieht der Experte für Jugendkriminalität im gesellschaftlichen Bild, das viele von Jugendlichen hätten. „Von ihnen wird erwartet, dass sie die Erwachsenen von morgen sind.“ Sie würden an ihrer Produktivität gemessen, sollten Sinnvolles tun und sich als rationale Mitglieder einer Gesellschaft beweisen. Wichen sie davon ab, gälten sie schnell als Störfall – so wie jetzt nach der Silvesternacht.
Zeit Online, 11.1.2023: Nur dann, wenn sie Probleme machen
Nils Schuhmacher (Universität Hamburg)
In der Klimabewegung wird zurecht gefragt, warum eine Blockade oder die Besetzung eines Kohletagebaus größere Entrüstung erzeugt, als das Fehlen einer überzeugenden Strategie zur Eindämmung der Klimakrise.
Deutschlandfunk, 11.1.2023: „Was darf Protest?“
Jannis Grimm (FU Berlin)