Die neu-rechte Mobilisierung spielt sich vor dem Hintergrund der großen Krisen der vergangenen zwanzig Jahre und sich verändernder gesellschaftlicher und geschlechtlicher Verhältnisse ab. Daraus werden eine Krise der Männlichkeit und analog dazu mehrere Bedrohungsszenarien abgeleitet. Eingebettet ist das Ganze in einen Gefühlscocktail aus Angst, Scham, Wut und Hoffnung. „Diese Affektivität bildet einen Grundbaustein der maskulinistischen und autoritären Konjunktur, der bereits in der neoliberalen Wende gelegt worden war“, schreiben Sauer und Penz.
Die Presse, 15.4.2023: Gefühlsexzess als Polit-Strategie
Birgit Sauer (Uni Wien)
Die Friedensbewegung ist in fünf Krisen. Das eine ist eine Krise des pazifistischen Kompasses, eine Krise des politischen Kompasses, die Frage mit wem demonstriert man? Es gibt eine strukturelle Krise in einer Bewegung die relativ alt ist. Und dann gibt es Krisen, die auch Krisen der deutschen Gesellschaft sind: unser erinnerungskultureller Kompass, aber auch der Kompass mit Blick auf unsere mentalen Landkarten, wenn wir nach Osteuropa schauen.
Deutschlandfunk, 15.4.2023: Entzweit der Ukrainekrieg die Friedensbewegung?
Alexander Leistner (Uni Leipzig)
Rucht meint, es sei „gut und richtig, dass auch mit drastischen Mitteln auf die Klimakatastrophe aufmerksam gemacht wird“. Das Problem sei aber, dass die Straßenblockaden oft die Falschen träfen und so erst einmal Widerstand erzeugten. Langfristig können sich das aber durchaus ändern. „Das führt am Ende dazu, dass das Thema Klimaschutz virulent bleibt.“
Süddeutsche Zeitung, 14.4.2023: Bastelstunde für die Revolution
Dieter Rucht (WZB)
In der Debatte gibt es ein großes Missverständnis: wenn alle die Proteste gut finden, dann tut sich auch etwas. Nein. An dem Punkt waren wir schon. Die Fridays for Future sind sehr breit akzeptiert und trotzdem wirkt sich das kaum auf der Ebene politischer Entscheidungen und politischer Kommunikation aus. Dass die Proteste der Letzten Generation jetzt aufgetaucht sind, ist gerade ein Zeichen dafür, dass die erwünschte Wirkung ausgeblieben ist.
Deutschlandfunk Nova, 14.4.2023: Warum Fridays for Future andere Protestgruppen kritisiert
Simon Teune (FU Berlin)
Felix Anderl, Professor für Konfliktforschung, sagte zu Reuls Kritik an der Klimabewegung: Dass an diesen Protesten auch Menschen teilnehmen, die den Kapitalismus als Verursacher der Klimakrise sehen, sei „kein Fall für den Verfassungsschutz“. Dieser habe Wichtigeres zu tun.
WDR aktuell, 13.4.2023: Verfassungsschutz meldet Anstieg politischer Straftaten in NRW
Felix Anderl (Uni Marburg)
Ruchts Einschätzung zur Wirkung der Letzten Generation: „Auf kurze Sicht verhärtet sie den Diskurs eher. Langfristig schärft sie die Positionen und zwingt dazu, sich zu bekennen. Ich vermute, dass dies zusammen mit den absehbaren Auswirkungen der Klimaproblematik die Stimmung eher zugunsten schärferer Klimamaßnahmen beeinflusst.“
Deutsche Presseagentur, 13.4.2023: Grüne und FFF kritisieren Aktionen
Dieter Rucht (WZB)
Es gibt je nach rechtstheoretischem Blickwinkel die Möglichkeit, zivilen Ungehorsam zu rechtfertigen, insofern er „moralisch legitimationsfähig“ ist. In diesem Fall sollte sich das auch in der Rechtspraxis widerspiegeln, etwa in Form milderer Strafen oder sogar Straffreiheit – weil es ja um ein höheres Ziel geht, das der Gesellschaft dienen soll, statt um ein Einzelinteresse.
Frankfurter Rundschau, 13.4.2023: Was ist „ziviler Ungehorsam?“
Lena Herbers (Uni Freiburg)
Die Aktivist:innen bewegen sich in einem Spannungsfeld zwischen positiver und negativer Aufmerksamkeit. Viele Gruppen, wie auch die „Letzte Generation“, sehen es als notwendig an, gerade aufgrund der Dringlichkeit des Klimaschutzes das Risiko einzugehen, dass ihnen Ablehnung für die Nutzung bestimmter Protestmittel entgegenschlägt. Dafür bekommen sie aber viel Aufmerksamkeit, um so das Thema Klimakrise im medialen und öffentlichen Bewusstsein zu halten.
Frankfurter Rundschau, 11.4.2023: „Die Klimabewegung ist plural“
Lena Herbers (Uni Freiburg)
Der Leipziger Protestforscher Alexander Leistner sieht in dieser undifferenzierten Sichtweise auf Konflikte eine der größten Schwächen der heutigen Friedensbewegung. Mit der Zeit habe dies zu einem »leeren Friedensbegriff« geführt, den sich verschiedenste Akteure zu eigen machten.
Spiegel Online, 6.4.2023: Wie der Ukrainekrieg Deutschlands Friedensszene zersplittert
Alexander Leistner (Uni Leipzig)
„Wir beobachten verschiedene soziale Bewegungen, die auf den Krieg gegen die Ukraine auf unterschiedliche Weise reagieren: die traditionelle Friedensbewegung, die sich bei den Ostermärschen zusammenfindet, eine rechtspopulistische Bewegung, die sich zu dem Schwarzer-Wagenknecht-Aufruf bekannte, und eine pro-ukrainische Solidaritätsbewegung, die entschieden für Waffenlieferungen eintritt.“ Diese Gruppierungen orientierten sich teilweise gegeneinander.
Frankfurter Rundschau, 6.4.2023: Rufe nach Frieden im Ukraine-Krieg: Junge Menschen fühlen sich kaum angesprochen
Larissa Meier (Uni Bielefeld)