Moralisch kann man Gewalt fragwürdig finden, aber dass sie nichts bringt, kann man eigentlich nicht behaupten. Dafür gibt es zu viele historische Erfahrungen und Bewegungen, in denen Gewalt nicht allein, aber unter anderen ein Mittel war, um gesellschaftliche Veränderungen zu bewirken. Also Gewalt ist im Verbund mit anderen Dingen oftmals ein Mittel, das auf lange Sicht Fenster geöffnet hat. Es erzeugt Aufmerksamkeit und dadurch gegebenenfalls Räume für Debatten.
Badische Zeitung, 9.6.2023: „Gewalt erzeugt Aufmerksamkeit“
Nils Schuhmacher (Uni Hamburg)
Demokratie ist das Regime der Unruhe und wir müssen uns ein gewisses Maß an Unruhe antun, das aushalten und auch als Chance wahrnehmen, über neue Dinge nachzudenken.
ARD Past Forward, 6.6.2023: Radikal ungehorsam
Jannis Grimm (FU Berlin)
[Der Protest nach dem Urteil gegen Lina E.] war eine lokal begrenzte Sache. Man muss auch sagen, dass vorher das Verbot der Demonstration, die systematische Verhinderung der Mobilisierung zur Demonstration auf den Autobahnen, in den Bahnen auch dazugeführt haben, dass viele Leute abgeschreckt wurden, die vielleicht wirklich demokratische Anliegen hatten.
Phoenix, 5.6.2023: Tagesgespräch mit Oliver Nachtwey
Oliver Nachtwey (Uni Basel)
Der Berliner Protestforscher Simon Teune hält die Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ nicht für eine sektiererische Gruppe. Eine apokalyptische Überhöhung der Klimakrise könne man der „Letzten Generation“ nur vorwerfen, „wenn man den Stand der Wissenschaft nicht zur Kenntnis genommen hat“, sagte Teune in Berlin dem Evangelischen Pressedienst (epd).
epd, 5.6.2023: Protestforscher: Letzte Generation keine irrationale Bewegung
Die Schere zwischen dem Aufwand in der Verfolgung von Klimaaktivist:innen und dem realen Klimaschutz der Politik geht immer weiter auseinander.
die tageszeitung, 4.6.2023: „Noch hat die Bewegung Vertrauen“
Simon Teune (FU Berlin)
[Simon Teune ist] Soziologe und forscht an der Freien Universität Berlin zu Protest und Bewegungen. „Vollzeitaktivismus heißt nicht, die ganze Zeit auf der Straße zu sein“, erklärt er. Vielmehr kümmerten sich die beruflichen Aktivisten oft um Organisation, Koordination, Planung oder Finanzen. Der Anteil derjenigen, die regelmäßig an spektakulären Aktionen teilnehmen und in der Öffentlichkeit stehen, sei eher gering.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3.6.2023: Von Beruf Aktivist
Simon Teune (FU Berlin)
Die Wahrnehmung, dass die Politik der Regierungen von der Kommune über Länder und Bund bis zur EU nicht ausreicht, um die Entwicklung zu einer katastrophalen Entwicklung abzuwenden, wird immer breiter geteilt. Das kann für konkrete Vorschläge die Tür öffnen.
Main-Echo, 29.5.2023: Gegenseitige Kritik: Droht Spaltung der Klimabewegung?
Simon Teune (FU Berlin)
[Protest ist] ein ganz zentrales Element von Rechtsstaaten und ziviler Ungehorsam ist ein Mittel, das auch immer wieder in Demokratien und Rechtsstaaten in bestimmten Grenzen und Rahmen möglich sein muss.
SWR Aktuell, 25.5.2023: „Letzte Generation“: Ist die Gruppe kriminell?
Julia Zilles (SOFI Göttingen)
[Die Letzte Generation] verzichtet auf Gewalt, vor allem Gewalt gegen Personen und man muss dazu sagen, ihre Forderungen sind wirklich nicht sehr radikal, sondern bewegen sich in einem doch eher moderaten Spektrum, wenn wir daran denken, dass es um Tempolimits und Bürgerräte hier geht als zentrale Forderung.
zdf heute, 24.5.2023: Klimaschützer kritisieren Razzia
Priska Daphi (Uni Bielefeld)
Wer die Klimaproteste für das zentrale Problem unserer Zeit hält, dem man mit jedem Mittel Einhalt gebieten muss, wird sich noch ganz schön umschauen. Zu dem Konfliktniveau, wo sich Protestierende wegtragen lassen, Gewalt gegen sich ertragen, wird man sich noch zurückwünschen. Denn eins ist klar: die Konflikte, die eine sich verschärfende Klimakrise mit sich bringt, werden nicht weniger und sie werden nicht milder.
Deutschlandfunk, 24.5.2023: Soziologe Simon Teune zu Razzien gegen „Letzte Generation“
Simon Teune (FU Berlin)