„Viele Proteste sind anlassbezogen und reaktiv“, sagt Swen Hutter, Professor für Politische Soziologie an der Freien Universität Berlin. Der Direktor des Zentrums für Zivilgesellschaftsforschung untersucht seit Jahren politische Bewegungen und Demonstrationskultur. Für langfristige Mobilisierung brauche es hingegen „starke mobilisierende Netzwerke, Allianzpartner in der Politik“, außerdem „günstige Gelegenheiten“.
Tagesspiegel.de, 5.10.2023: Wofür gehen die Leute auf die Straße?
Swen Hutter (FU Berlin/WZB)
An den Aktionen [der Letzten Generation] zeigt sich aber auch das Problem, die Bedrohung durch die Klimakrise zu kommunizieren. Viele Menschen verstehen nicht, was die Aktionen sollen. Die Blockaden schaffen kein Symbol für das Unrecht einer fossilen Wirtschaft, sondern allenfalls für unsere Unfähigkeit, uns damit zu konfrontieren.
die tageszeitung, 25.9.2023: „Ein Ausdruck der Verzweiflung“
Simon Teune (FU Berlin)
Wenn Proteste in einem Feld nicht durch die Decke gehen, schränkt das bei anderen Akteuren die Motivation ein, selbst viel Energie in die Mobilisierung zu stecken.
die tageszeitung, 25.9.2023: Lahmer Protest
Simon Teune (FU Berlin)
Ich glaube, dass wir im Umgang mit der Versammlungsfreiheit seit der Corona-Pandemie einige staatliche Maßnahmen erfahren haben, die eigentlich nach bisherigem Verständnis so nicht denkbar waren. Wir sehen auf relativ breiter Front den Versuch, einen sehr weit gehenden Schutz von Versammlungsfreiheit in Deutschland tendenziell einzudämmen.
mdr aktuell, 20.9.2023: Amnesty: Versammlungsfreiheit in Deutschland tendenziell eingeschränkt
Clemens Arzt (HWR Berlin)
Am Anfang war es ja so, dass man die wenig ernst genommen hat und denen auch die Legitimation abgesprochen hat, über die Klimakrise zu sprechen. Das macht niemand mehr. Da hat es eine Normalisierung gegeben, dass die Fridays for Future dazu gehören, wenn man über die Klimakrise spricht.
Spiegel Podcast Klimabericht, 19.9.2023: Woran krankt Fridays for Future?
Simon Teune (FU Berlin)
Konfliktforscher Jannis Grimm von der FU Berlin kritisiert den Umgang der Behörden mit den Aggressionen gegen die Klimaaktivisten. „Die zögerliche Verurteilung der Gewalt von Privatpersonen durch Polizeibehörden und politische Entscheidungsträger hat mit dazu geführt, dass sich Leute auf der Straße zur Selbstjustiz ermächtigen.“
Stern.de, 15.9.2023: Bespuckt, geschlagen, bedroht: Nimmt die Gewalt gegen Klimaaktivisten zu?
Jannis Grimm und Simon Teune (beide FU Berlin)
Die Fridays for Future […] stehen dafür, dass die Kritik nicht zu unversöhnlich formuliert ist. In der Konsequenz gedacht sind die Forderungen der Fridays for Future aber nur mit einem ganz radikalen Umbau des Wirtschaftssystems machbar. Es ist eine strategisch gewählte, moderate Position.
nd aktuell, 14.9.2023: Fridays for Future: »Systemkritisch, aber breit anschlussfähig«
Simon Teune (FU Berlin)
„Die Stimmung gegenüber Klimaaktivismus hat sich insgesamt verschärft“, sagt Protestforscher Simon Teune. Trotzdem sei seiner Meinung nach noch nicht klar, ob die Letzte Generation dem Anliegen Klimaschutz mehr schade oder nutze. „Es kann sein, dass vor dem Hintergrund von deren Aktionen FFF eher als diejenigen Akteure der Bewegung erscheinen, mit denen man in Dialog treten will.“
Berliner Morgenpost, 12.9.2023: Fridays for Future noch aktiv?
Simon Teune (FU Berlin)
Ein Großteil der betroffenen Autofahrer ärgert sich vielleicht, bleibt aber sitzen und wartet auf die Polizei. Die gewaltsamen Übergriffe werden allerdings häufig mitgefilmt, nicht zuletzt von den Klima-Aktivisten selbst. Das macht sie sichtbar und das führt womöglich auch zu einem Nachahmungseffekt: Die Angriffe scheinen eine normale Reaktion zu sein.
BR24, 6.9.2023: Ohrfeige, Beleidigungen: nimmt Gewalt gegen Klima-Aktivisten zu?
Simon Teune (FU Berlin)
Man kann kritisieren, dass die Letzte Generation eine unterkomplexe Vorstellung von Politik transportiert. Die Annahme, man könne politische Entscheidungen mehr oder weniger direkt beeinflussen, indem man den Druck erhöht, ist zu schlicht. Aber die Proteste erfüllen sicher eine wichtige Funktion, indem sie es zum Prinzip erheben, das Weiter-so zu stören.
Der Spiegel, 18.8.2023: „Sie stören die Illusion, dass man sein Leben weiterführen kann, wie bisher“
Simon Teune (FU Berlin)