Das ipb in den Medien

«Es gibt kein institutionelles Gedächtnis», sagt Teune. «Die mediale Berichterstattung ist meist sehr kurzatmig. Sie orientiert sich daran, wie an dem Ort Proteste normalerweise verlaufen. Über die gleichen Geschehnisse in Frankreich oder Griechenland wäre anders berichtet worden.» Unsere Vorstellung sei stark vom Zugang zu Informationen geprägt: So sei zwar die Anzahl verletzter Polizisten zugänglich, aber nicht, wie viele Demonstrantinnen verletzt worden sind. «Die Polizei macht in Bezug auf G20 sehr offensive Öffentlichkeitsarbeit. Durch die selektiven Informationen bestimmt sie das Bild, wie schlimm was war.»

Die Wochenzeitung, 22.02.2018: Taucherbrille plus Böller gibt sechs Monate Haft

Simon Teune in der Wochenzeitung

Die Kritiker der Identitätspolitik denken in kommunizierenden Röhren, wenn sie fordern, wieder mehr auf die soziale Frage und weniger die Identitätspolitik zu setzen. Sie vergessen, dass die gesamte Geschichte linker Bewegungen, nicht zuletzt der frühen Arbeiterbewegung, sich um die Frage von Identität, Anerkennung, Autonomie und Würde – und ja, auch Stolz – drehte.

Die Zeit, 04.02.2018: Die Linken: Für die vielen, nicht die wenigen

Oliver Nachtwey in der Zeit

„Es gab ein großes Vorbild, das hat sehr, sehr viele Leute beeindruckt. Das war die Situation in Italien, wo Mitte der 70er Jahre das öffentlich-rechtliche Rundfunkmonopol gekippt ist. Es gab aber keine neuen Gesetze. Das heißt, es war so eine Grauzone. Da sind ja hunderte bis tausende Radios entstanden. Und das wurde hier in der damaligen BRD sehr genau wahrgenommen. Da haben viele gesagt, das brauchen wir auch.“

WDR 5 Neugier genügt – das Feature, 19.12.2017: Alice im Radioland

Jan Bönkost auf WDR 5

Dass die Bewegung nach den Wahlen so schnell an Zulauf verlor, lag wohl auch an ihren diffusen Zielen. „Es fehlte eine Stoßrichtung, ein klarer Nenner“, erklärt Dieter Rucht. Forderungen nach „EU“, „Demokratie“ und „Frieden“ seien zwar sympathisch. Langfristig könne man damit aber kaum Unterstützer mobilisieren. „Im Grunde handelte es sich um harmlose Friede-Freude-Eierkuchen-Veranstaltungen mit viel Symbolik, aber keinen konkreten Forderungen und strategischen Überlegungen.“

die tageszeitung, 23.01.2018: Aktivisten machen unbeirrt weiter

Dieter Rucht in der taz

Auch wenn das Projekt nicht verhindert wurde, hat der Protest die Diskussion in der Stadt und die Wahrnehmung des Projekts deutlich verändert. Die Proteste gegen Stuttgart 21 haben aber auch das Bewusstsein bei den Planenden und politisch Verantwortlichen verändert. Nach allem, was in Stuttgart passiert ist, spielt die Einbeziehung der Bevölkerung bei Infrastrukturprojekten eine größere Rolle. Dabei gibt es keine Garantie, dass das auch gut umgesetzt wird, aber es ist kaum zu vermitteln, dass die Betroffenen nicht gehört werden.

Stuttgarter Zeitung, 14.01.2018: Die Gegenargumente gelten auch heute weiter

Simon Teune in der Stuttgarter Zeitung

Es gab in der Bundesrepublik und den meisten westlichen Ländern in den fünfziger und sechziger Jahren ein relativ geringes Verständnis für Protest […] Die Polizei hat damals bei kleinsten Ungehorsamkeiten oder kleinsten Regelübertretungen, über die heute hinweggesehen würde, sehr schnell mit aller Härte reagiert – deswegen nennt man diesen Stil Legalismus. Damals hat ein starkes Umdenken angefangen und der legalistische Stil hat sich gewandelt zu einem, den man pragmatischen Stil nennt. D. h. man hat eigentlich gelernt, dass man die eine oder andere kleine Regelübertretung – ein Transparent, was mal ein bisschen länger ist als zugelassen usw. – hinnehmen kann und damit ein zentrales Ziel erreicht: nämlich die Gesamtsituation zu befrieden, dafür zu sorgen, dass Demonstrationen weniger schnell eskalieren.

Bayern 2 – Zündfunk Generator, 23.11.2017: Autoritäre Sicherheitskonzepte in postdemokratischen Zeiten

Peter Ullrich bei Bayern 2 – Zündfunk Generator

„Bewegungen werden immer dann stark, wenn sie offensiv ihre Anliegen bündeln können und an einen Adressaten, das mag auch ein symbolisches Objekt sein, richten können. Bei Europa ist das eigentlich zu diffus. Man hat keinen konkreten Anknüpfungspunkt.“  […] Auch Rucht stellt aber fest: „Es ist ein sympathisches Anliegen.“ Allerdings gebe es auch Bewegungen, die an Umarmungen erstickten. „Die Politiker freuen sich darüber.“ So sei kein Zufall, dass „Pulse of Europe“ inzwischen mit Preisen regelrecht überhäuft werde. „Das ist aber auch ein Anzeichen dafür: es tut nicht weh, es ist harmlos und man kann es beklatschen.“

Sächsische Zeitung / dpa, 18.11.2017: Ein Jahr Pulse of Europe

Dieter Rucht in der Sächsischen Zeitung / dpa

Gewalt ist einer der zentralen Nachrichtenfaktoren – sobald es dazu kommt, dominiert diese die Berichterstattung. Die Polizei genießt zudem traditionell einen sehr hohen Stellenwert in der Bevölkerung und auch in den Medien. In der Regel wird ihre Sicht der Dinge von Medien erst mal übernommen, wenn es nicht starke Hinweise darauf gibt, dass diese zu hinterfragen ist.

Neues Deutschland, 24.10.2017: »Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen«. Der Sozialwissenschaftler Peter Ullrich im Interview über die schleppende Aufarbeitung der G20-Protesttage

Peter Ullrich im Neuen Deutschland

Doch eine Studie des Instituts für Protest- und Bewegungsforschung (IPB) kommt nun zu dem Ergebnis: Die Teilnehmer_innen der unterschiedlichen Demonstrationen waren sich sowohl in ihren Zielen als auch in der Frage nach legitimen Protestformen weitestgehend einig. Für ihre Analyse befragten die Forscher insgesamt 1095 Personen, die sich den Demonstrationen zum Auftakt (»Protestwelle«) und zum Ende (»Grenzenlose Solidarität«) der Gipfelwoche angeschlossen hatten. In beiden Fällen seien die Proteste »wesentlich von protesterfahrenen Teilnehmenden geprägt« gewesen, die »sich eindeutig links verorten« ließen und »über einen hohen formalen Bildungsstatus« verfügen.

Neues Deutschland, 08.11.2017: Geeint in der Kritik am Kapitalismus

G20-Forscher_innen-Team im Neuen Deutschland

In Polen haben wir es seit vielen Jahren mit einem extremen Graben zwischen den unterschiedlichen politischen Lagern zu tun, der auch durch die Gesellschaft geht, dieser Riss. Das führt teilweise zu einem Gefühl, dass nichts anderes mehr hilft außer die Extremform des Aufmerksammachens.

Detektor.fm, 13.11.2017: Selbstverbrennung in Polen

Piotr Kocyba bei detektor.fm